Bremervörde. Professor
Dr. Hans-Gert Pöttering ist der Spitzenkandidat der CDU Deutschlands und
Niedersachsens für die Wahl zum Europäischen Parlament und dort der derzeitige
Fraktionsvorsitzende der christlich-bürgerlichen Parteien. Also ein Hochkaräter,
der die Leute anzieht, sollte man meinen. Doch es waren gerade 50 Besucher,
darunter viele Funktionsträger der örtlichen Parteiorganisation, die seinen
Vortrag zum Thema „Was bringt die EU-Erweiterung unserer Wirtschaft?" im
Bremervörder Hotel Daub hören wollten.
Eingeladen hatten der Rotenburger CDU-Kreisverband, der Bremervörder
CDU-Gemeindeverband sowie der Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel. Pöttering
gehört dem Straßburger Parlament seit seiner Gründung 1979 an und ist überzeugter
Europäer. Durch den Beitritt von zehn neuen Mitgliedsländern mit insgesamt
rund 75 Millionen Menschen sei ein großes Potential für künftige
wirtschaftliche Entwicklungen entstanden, von denen auch die deutsche Wirtschaft
profitieren werde. Polen beispielsweise habe einen Investitionsbedarf von allein
15 Milliarden Euro im Umweltbereich.
Die Vergangenheit habe gezeigt, dass viele der Fördergelder für Spanien und
Portugal in Maschinen aus Deutschland investiert worden seien. Diese Entwicklung
werde sich nun mit den mitteleuropäischen Beitrittsländern wiederholen. Doch
dazu müsse sich Deutschland fit machen für das größere Europa und den
globalen Wettbewerb. Als Mittel dazu sieht Pöttering eine Flexibilisierung des
Arbeitsmarktes und die Senkung der Lohnnebenkosten.
In der anschließenden Diskussion äußerten sich auch zwei Unternehmer.
Spediteur Eduard Meyer mahnte gleiche Wettbewerbsbedingungen für die deutschen
Transportunternehmer an. Schon jetzt lägen die Kosten pro 40-Tonnen-Laster an
Steuern und Abgaben um mehr als 8.000 Euro pro Jahr höher als die der ausländischen
Konkurrenten. Einen Umzug nach Polen allerdings schloss Meyer aus. Die Kosten für
einen Lastwagenfahrer wären dort bereits annähernd gleich. Bettenspezialist
Boris Thomas sieht für sein Unternehmen durchaus Chancen. In den neuen
Beitrittsländern entstände erstmals eine Mittelschicht, es werde dort echtes
Geld verdient und damit öffneten sich für sein Haus neue Exportmärkte.
Das sah in seinem Schlusswort auch Professor Pöttering so. Er zitierte den früheren
polnischen Präsidenten Lech Walesa. Der hatte festgestellt, dass die Polen nur
dann Mercedes-Automobile kaufen könnten, wenn es ihnen wirtschaftlich gut gehe.