Haushaltsrede für die 3. Ratssitzung am 19.03.2002

Herr Vorsitzender, Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

die ersten Wochen und Monate der Arbeit des neuen Rates, aber auch der Arbeit der Verwaltung und hier insbesondere der Stadtkämmerei werden allen Beteiligten mit Sicherheit noch lange in Erinnerung bleiben. Wir haben, und dieses gilt insbesondere für meine Fraktion, den Haushaltsentwurf der Verwaltung in einer Intensität beraten, wie sie in der Vergangenheit noch nie dagewesen war. Dieses ist Ausdruck der besonders schwierigen finanziellen Lage unserer Stadt.

Ich möchte einleitend mit einigen Zahlen auf die aktuelle Situation der Stadt Bremervörde und der Kommunen insgesamt eingehen:

-        Der kommunale Finanzausgleich in Niedersachsen stagniert nicht nur seit Jahren, es ist ein eindeutiger Negativtrend zu Lasten der Kommunen zu verzeichnen.

-        Wir leiden unter massiven Einbrüchen beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ( Stadt Bremervörde in 2001: 500.000,00 DM)

-        Ebenso haben wir bei der Gewerbesteuer: über 2,5 Mio. DM Einnahmenausfall zu beklagen, verursacht zum einen durch die negative konjunkturelle Entwicklung, und die steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten des Steuersenkungsgesetzes, insbesondere bei Konzernen mit internationalen Verflechtungen, die dazu führen, dass Gewinne und Verluste verrechnet werden können. Diese Unternehmen gibt es auch in Bremervörde, sie teilweise mit Rückerstattungen in Millionenhöhe   rechnen, zusätzlich belastet die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage um 10 % den Stadtsäckel.

-        Bei steigenden Steuereinnahmen von Bund und Ländern sinkt das Steueraufkommen bei den Kommunen. Steigende Ausgabenverpflichtungen stehen somit rückläufiger Einnahmen gegenüber.

-        Durch die Kostensteigerungen bei den Kindergärten sind diese Deckungsgrad nur noch zu 23 % durch die eingenommenen Gebührend gedeckt. Hier sei an die Versprechungen der SPD-Landesregierung zu erinnern, die noch vor wenigen Jahren von einer Vollfinanzierung der Personalkosten sprach. Dieses ist längst Geschichte. Durch die voraussichtlich künftig wieder beim Land liegende Zuständigkeit für die Kita-Förderung wird unserer Stadt wahrscheinlich keine Förderung der Kinderspielkreise mehr erwarten können, hierdurch könnte der Deckungsgrad nochmals negativ beeinflusst werden. 

-        Da die Kommunen ihre Zahlungsverpflichtungen sofort zu erbringen haben, ist die Aufnahme von Kassenkrediten unvermeidlich. Diese Kredite haben sich zu einem Dauerfinanzierungsinstrument entwickelt, anstatt kurzfristige Liquiditätshilfe zu sein. Interessanter Indikator: Bei Kassenkrediten sind die niedersächsischen Kommunen trauriger Spitzenreiter in Deutschland. Die kommunalen Kassenkredite in Niedersachsen sind von 174 Mio. DM in 1993 auf 3 Mrd. 592 Mio. DM in 2001 angestiegen. Hier findet sich die Stadt Bremervörde mit der Entwicklung ihrer eigenen Kassenkredite klar wieder.

-        Im gleichen Zeitraum ist ein deutlicher Rückgang der kommunalen Investitionen zu verzeichnen. 70 % der öffentliche Investitionen finden in den Kommunen statt. Hieraus resultiert eine besondere Verantwortung in Zeiten konjunkturellen Abschwunges. Neben den fehlenden Aufträgen für die heimische Wirtschaft wird sich auch der Zustand kommunaler Einrichtungen wie Schulen, Gebäuden und Straßen auf Dauer verschlechtern. 

Auch künftig sind leider weitere Einengungen des finanziellen Spielraumes der Kommunen in Niedersachsen, und somit der Stadt Bremervörde zu erwarten:

-        weitere Entlastungen im Einkommensteuerbereich durch die bereits beschlossenen Steuerreformgesetze in den Jahren 2004 bis 2006

-        Beteiligungen der Kommunen an den Zahlungsverpflichtungen aus dem verlorenen Förderzinsprozess des Landes Niedersachsen, obwohl bei der Einnahme die Kommunen nicht beteiligt waren.

-        Künftiges Ziel: eine umfassende Finanzstrukturreform mit dem Grundsatz, dass neue Aufgaben nur übernommen werden dürfen, sofern die Mittelbereitstellung gewährleistet ist.

Im vorliegenden Haushalt sind folgende Steuererhöhungen eingeplant:

Grundsteuer A auf 400, Grundsteuer B auf 370 und Gewerbesteuer auf 350 Hebesätze.

Zusätzlich werden umfassende Gebührenerhöhungen (Kindergärten , Friedhöfe, Märkte, Bücherei, Hafen) bis zur Erhöhung der Eintrittsgelder für kulturelle Veranstaltungen vorgenommen. Künftig soll eine jährliche Prüfung aller Gebührenhaushalte stattfinden. Hierbei haben Rat und Verwaltung aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

Positiv zu vermelden, was bisher kaum in der Öffentlichkeit gesagt wurde, ist die Senkung der Abwassergebühren, entstanden durch die Bildung des Eigenbetriebes und die Verwendung der in den letzten Jahren erzielten Gewinne von 2,45 € auf 2,04 €. Dieses bedeutet bei einem 4-Personenhaushalt eine Senkung von ca. 70 € jährlich.

Der Stadtwerkeverkauf über 15,3 Mio. € war eine richtige Entscheidung. Die EWE-Ansiedlung in BRV (160 Arbeitsplätze) wird in Zukunft Impulse setzen. 

Die Tilgung von städtischen Krediten wird aus dem Verkaufserlös bei Fälligkeit durchgeführt, Großteil der Schulden der Stadt Bremervörde kann somit zurückgeführt werden. 

3,5 Mio. € werden in 2002 getilgt, fast 6 Mio. € werden der allgemeinen Rücklage zugeführt.

Es werden im Jahr 2002 wichtige Investitionen getätigt, über die im Rat größtenteils Einigkeit besteht: hierzu zählen die Stadtkernentlastungsstraße, Planungskosten für das Sanierungsgebiet Innenstadt, N+E-Investitionen zur Attraktivierung des Tourismus, die Sanierung der Jugendherberge, Anschaffung der Drehleiter für die Ortsfeuerwehr Bremervörde, Sanierungen an den Schulen, und hierbei besonders die Grundschule Elm, Turnhalle Gnarrenburger Straße, unabhängig ,von Sanierung der bestehenden Halle oder Abriss, die Ortschaft Minstedt wird in das Dorferneuerungsprogramm aufgenommen, der Bau einer Skateranlage, Zuschüsse zu Investitionen im Tandem-Treff und dem  Bonhoeffer-Heim sind ebenso zu erwähnen.

Es hat im Bereich des Verwaltungshaushaltes und des Vermögenshaushaltes ebenso Einsparungen gegeben..   

Der Ausbau der Straße Am Kiel (inzwischen wohl die berühmteste Straße der Stadt) bleibt wegen der jetzt noch möglicher Förderung aus dem Moorstraßenprogramm sinnvoll, die Befestigung/Verbreiterung der Mehedorfer Straße wurde jedoch gestrichen, der Wirtschaftswegebau deutlich reduziert, eine weitere Streichung der nötigen Ausbesserungen, wie von der SPD gefordert, hätte vor dem Hintergrund auch der Witterung der letzten Monate eine Verstärkung von dauerhaften Schäden zur Folge..

Das Ausgabenverhalten der CDU-Fraktion wurde durch die SPD und Grüne kritisiert. Alternativ wurde von der SPD aufgezeigt, wo auf keinen Fall gespart werden dürfe, und gleichzeitig nach weiteren Steuererhöhungen gerufen.

Opposition hat somit keine eigenen Sparvorschläge und insbesondere Strategien zur Reduzierung des strukturellen Defizits im Verwaltungshaushalt vorgelegt.

Die Verschiebung von notwendigen Investitionen wie der Grundschule Elm oder der Verkehrsberuhigung in Hönau-Lindorf löst das Problem nicht.   Die Verkehrsberuhigung in Hönau-Lindorf im Rahmen der Dorferneuerung ist vom Rat politisch gewollt, deshalb ist es nicht richtig, die einschneidendste  und zu 50 % geförderte Maßnahme zu verschieben. Das Strukturdefizit im Verwaltungshaushalt muss beseitigt werden. Gleichzeitig müssen freiwillige Leistungen wie die Sportvereinsförderung wie in den Vorjahren zu zahlen.

In der Bremervörder Zeitung wurde durch die Opposition die Ablehnung der Sparvorschläge der Verwaltung kritisiert. Die SPD hat vergessen zu erwähnen: Die CDU hat ihren Antrag besonders vor dem Hintergrund der Vorlage der Ist-Zahlen 2001 eingebracht, damit neue Erkenntnisse der Verwaltung für das Aufzeigen von Sparpotentialen genutzt werden können. Wenn wir eine Halbierung der Zuschüsse an Sport- und Kulturvereine gewollt hätten, wäre der Auftrag an die Verwaltung nicht nötig gewesen, darauf wären wir auch von selbst gekommen.

Die Verwaltung konnte auch auf Grundlage der Ist-Zahlen keine strukturellen Sparvorschläge machen. Dieses soll kein Vorwurf gegen die Arbeit der Kämmerei sein. Nun jedoch gilt es, aus dieser Lage die Konsequenzen zu ziehen.

 Der Vorschlag unserer Fraktion, eine Strukturreform mit Hilfe einer externen Beratung durchzuführen wurde durch  beide Oppositionsfraktionen abgelehnt, ohne die Diskussion im hierfür zuständigen Organisations- und Steuerungsausschuss abgewartet zu haben. Sie haben der CDU mangelnde Verantwortung vorgeworfen. Es ist doch gerade der Beweis für Verantwortung, jetzt Konsequenzen zu ziehen und Sachverstand von außen einzuholen. Eine Erklärung, warum die Einstellung eines Controllers für mehr Verantwortung spricht, ist die SPD bis jetzt schuldig geblieben.

 Der Zeitpunkt für die Beauftragung einer Beratungsfirma ist jetzt günstig, da strukturelle Veränderungen im Bereich der Stadt wir die Neuzuordnung des Delphino zur N + E oder die Konversion der Vörde Kaserne bevorstehen. Somit entstehen neue Schnittstellen zu Bauhof, N+E und Stadtwerken (möglicherweise Kooperation mit EWE), aber auch Änderungen in der Organisation im Bereich der Verwaltungsspitze.

 Abschließend ist zu sagen: wir leben in einer schwierigen, aber andererseits auch besonders spannenden kommunalpolitischen Zeit. Von den jetzt zu treffenden Entscheidungen wird für die Zukunft viel abhängen.

 Die CDU/WFB-Fraktion wird dem Etatentwurf unter Berücksichtigung der vorliegenden Änderungen zustimmen.

  

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